Worauf es bei der Befestigung ankommt
Eingestürzte Gebäude, Risse im Boden und abgesackte Straßen – Bilder aus Erdbebengebieten der ganzen Welt sind regelmäßig in den Medien zu sehen. Doch auch in Deutschland gibt es durch Erdbeben gefährdete Regionen, auch wenn die hier zu erwartenden Auswirkungen im weltweiten Vergleich weniger gravierend sind.
In diesen Erdbebenzonen gelten für Bauvorhaben besondere Anforderungen, die im Eurocode 8 (EC 8/Reihe EN 1998) festgehalten sind. Diese Anforderungen betreffen nicht nur tragende, sondern häufig auch nichttragende Bauteile und sind damit auch bei der Planung und Ausführung von Befestigungen zu berücksichtigen.
Rechtliche Grundlagen
Die rechtlichen Regelungen zur Erdbebensicherheit finden sich im Eurocode 8 „Auslegung von Bauwerken gegen Erdbeben“, sowie in den nationalen Anhängen, die den lokalen geologischen Gegebenheiten Rechnung tragen. Die Reihe EN 1998 gilt für Entwurf, Bemessung und Konstruktion von Bauwerken des Hoch- und Ingenieursbaus in Erdbebengebieten. Sonderbauwerke wie Kernkraftwerke fallen nicht in den Anwendungsbereich der Reihe EN 1998. Für sie treffen beispielsweise der Kerntechnische Ausschuss und die Internationale Atomenergie-Organisation entsprechende Regelungen.
Das Ziel der Reihe EN 1998 ist es, sicherzustellen, dass bei Erdbeben
- menschliches Leben geschützt ist,
- Schäden begrenzt bleiben,
- sicherheitsrelevante Systeme wie z.B. Sprinkleranlagen intakt und
- wichtige Bauwerke zum Schutz der Bevölkerung funktionstüchtig bleiben.
Erdbebensicherheit bei nichttragenden Bauteilen
Um die oben genannten Ziele der EN 1998 zu erfüllen, beschreibt der EC 8 die grundlegenden Anforderungen an Standsicherheit und Schadensbegrenzung. Wesentliche Aspekte sind hierbei die Grenzzustände der Tragfähigkeit und der Gebrauchstauglichkeit. So ist unter Umständen auch für nichttragende Bauteile nachzuweisen, dass das Verhalten von nichttragenden Bauteilen unter der nach EN 1998 errechneten Erdbebeneinwirkung kein wesentliches Risiko für Personen darstellt und auch keine nachteiligen Auswirkungen auf das Verhalten von tragenden Bauteilen hat (vgl. DIN EN 1998-1:2010-12, 2.2.2(6), 4.3.5).
Erbebenzonen und Seismizität in Deutschland
Welche Parameter in welchem Maße bei den konkreten Berechnungen zu berücksichtigen sind, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Wesentlich ist der Standort des Bauwerks: Liegt dieser in einer Erdbebenzone und wenn ja, in welcher?
Der nationale Anhang des EC 8 enthält eine Deutschlandkarte, auf der die Erdbebenzonen 0 bis 3 verzeichnet sind. Das Deutsche Institut für Bautechnik (DiBt) bietet außerdem eine nach Postleitzahlen sortierte Liste an.
Die Erdbebenzonen 0 bis 3 werden im Sinne der Norm als Gebiete geringer Seismizität eingestuft. Für bestimmte Hochbauten können in diesen Zonen entsprechend der EN 1998 vereinfachte Vorgehensweisen zur Erdbebensicherung angewandt werden (vgl. DIN EN 1998-1/NA:2011-01, 3.2.1(4)). Gebiete, die keiner Zone zugeordnet sind, werden sogar als Gebiete sehr geringer Seismizität eingestuft (vgl. DIN EN 1998-1/NA:2011-01, 3.2.1(5)). In diesen Gebieten brauchen die Vorschriften der Reihe EN 1998 nicht beachtet werden.
Weitere Faktoren zur Bemessung der Erdbebeneinwirkung
- Baugrundbeschaffenheit: Um den Einfluss der örtlichen Baugrundbeschaffenheit auf die Erdbebeneinwirkung zu berücksichtigen, legt der EC 8 die Klassen A bis E fest.
- Bauwerke: Für die Auslegung von Hochbauten gibt der EC 8 vier Bedeutungskategorien vor, denen Bauwerke zuzuordnen sind. Diese orientieren sich daran, wie wichtig Erdbebensicherheit für das jeweilige Bauwerk ist. Jeder Kategorie ist ein entsprechender Bedeutungsbeiwert zugeordnet, der in die weiteren Berechnungen eingeht.
Neben diesen beiden Klassifizierungen gibt es zahlreiche weitere Werte und Faktoren, die für jedes einzelne Bauvorhaben bestimmt und bei der Berechnung berücksichtigt werden müssen. So kann es im Hinblick auf die Erdbebensicherheit der Befestigung beispielsweise bereits einen Unterschied machen, ob eine Konstruktion innerhalb eines Bauwerks für das Erdgeschoss oder den sechsten Stock geplant wird.
Beispielkonstruktion für Standortvergleich
Unser Beispiel veranschaulicht, wie sich eine Befestigungskonstruktion je nach Standort und entsprechend der zu berücksichtigen Lasten in der Ausführung unterscheiden kann: Konstruktion A könnte beispielsweise zur Rohrleitungsbefestigung in Hamburg geplant sein, Konstruktion B für eine Befestigung in Tübingen.Konstruktion A
Konstruktion B
Konstruktion | A | B |
Ort | Hamburg | Tübingen |
Erdbebenzone | - | 3 |
Fz | 2,5 kN | 2,5 kN |
Fx | 0 kN | 1 kN |
Fy | 0 kN | 0,5 kN |
Zur Ermittlung der einwirkenden Kräfte und entsprechend exakten Auslegung von Konstruktionen wie Rohrleitungsbefestigungen müssen, wie oben beschrieben, die für das konkrete Bauvorhaben spezifischen Werte und Faktoren berücksichtigt werden. Die MÜPRO Anwendungstechnik setzt bei ihrer Planung ein MÜPRO Berechnungstool ein, das die spezifischen Parameter verarbeitet und Aussagen zu den Krafteinwirkungen trifft, die bei Auslegung berücksichtigt werden müssen.
Erdbebensichere Produkte? Kompetente Beratung!
Ein einzelnes Bauteil, wie eine Gewindestange, kann für sich nicht pauschal als erdbebensicher bezeichnet werden. Wie eingangs gezeigt, ist das notwendige Maß an Sicherheit stets im Einzelfall zu berechnen – und zwar auf Basis der Parameter, die für das spezielle Bauvorhaben gelten. Dennoch bietet der Markt beispielsweise im Bereich der Sprinklerbefestigung als erbebensicher zertifizierte Produkte an, da dies von Versicherungsseite gefordert wird. Auch MÜPRO hat für diese Anwendungsfälle FM geprüfte Artikel im Sortiment.
Für eine zuverlässige Befestigung, die den gesetzlichen Vorgaben genügt, ist jedoch die umfassende Planung und Berechnung von Konstruktionen unumgänglich. Hierbei unterstützt Sie die MÜPRO Anwendungstechnik gerne und steht Ihnen bei Fragen jederzeit zur Verfügung.